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Von der Idee zum fertigen Kurzfilm - Teil 1: Recherche und Exposé

von Gabriele Lechner

Sie wollen einen Film drehen – dann beginnen Sie doch am besten mit einem Kurzfilm und nehmen damit gleich am Camgaroo Award teil. Dann schlagen Sie mehrere Fliegen mit einer Klappe. Erstens, Sie haben ein Ziel mit Abgabetermin vor Augen, mit einer gewissen Themenvorgabe, auch wenn diese sehr frei und individuell ausgelegt werden kann.

Zweitens, wenn Ihr Film gut wird und davon gehen wir aus, dann können Sie tolle Preise gewinnen, einen überaus spannenden und atmosphärisch einmaligen Abend bei der Camgaroo Award Night verbringen und vielleicht sogar Ihren Film im Fernsehen sehen. Alles möglich, also ein guter Grund, Ihren Camcorder sofort aus der verstaubten Schublade zu holen und los zu legen. Die Vorteile des Kurzfilms liegen auf der Hand. Der Dreh- und der Postproduktionsaufwand halten sich in Grenzen. Trotzdem kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen und wie lautet ein altes Sprichwort „in der Kürze liegt die Würze“. 

Dass ein gut gemachter Kurzfilm hohe Ansprüche an den Filmemacher stellt, merkt man schnell, wenn man an die Umsetzung geht. Und wie fast immer im Leben ist gute Planung die halbe Miete. Aber auch für Filmemacher gilt, planen, aber trotzdem offen sein für emotionale Eingebungen oder spontane Situationen, die dem Film oft noch das I-Tüpfelchen verleihen. 

Ein guter Film ist einfach zu verstehen, die Handlungen sind unkompliziert nachvollziehbar 

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Die Idee - Filmskizze

Am Anfang eines Films steht immer die Idee. Diese Idee bildet die Grundlage zur Entwicklung der Filmstory. Hier entscheidet sich bereits, ob der Film ein Erfolg wird oder nicht. Eine gute Filmstory ist das Herz des Films. Man kann noch so viel Mühe, in die Auswahl der Schauspieler, in perfekte Kamerafahrten oder in aufwändige Nachbearbeitung stecken, wenn die Story nicht stimmt, dann hat man verloren.

Legen Sie deshalb all Ihre Kreativität, Ihrer Lebenserfahrung und Ihre Fantasie in die Filmstory. Prüfen Sie, wie die Geschichte bei Ihren Freunden ankommt. Können Sie Inhalt des Films in nur wenigen Sätzen schlüssig wiedergeben, dann sind Sie schon auf dem besten Weg. Finden Ihre Freunde das Thema spannend und möchten Sie mehr darüber wissen, dann können Sie davon ausgehen, dass Ihr Film bei guter Umsetzung auch Erfolg haben könnte. Tun Sie sich allerdings schwer, Ihre Geschichte in wenigen Worten zu erzählen und fangen gar Ihre Freunde zu gähnen an, dann sollten Sie sich ein anderes Thema überlegen. Ihre Idee, die meist im Kopf manchmal auch aus dem Bauch heraus entsteht, sollten Sie in einer sog. Filmskizze festhalten. Sie umreißt mit wenigen Worten den Inhalt des Films, ohne auf Einzelheiten einzugehen. 

Damit haben Sie bereits die wichtigste Grundlage für den Erfolg Ihres Filmes gelegt. Entsteht die Filmstory aus Ihrem eigenen Gedanken heraus, dann handelt es sich in der Fachsprache um einen Originalstoff. Der hat den großen Vorteil, dass Sie sich keine Gedanken um Rechte oder Beteiligung von Dritten machen müssen. 

Anders sieht es aus, wenn Sie auf fremde Literaturvorlagen zurückgreifen, dann müssen Sie zumindest im gewerblichen Bereich alle Filmrechte vorher abklären. Sobald Ihre umwerfende Filmstory in der Filmskizze festgehalten wurde, geht es ans Eingemachte, an die Recherche.

Recherche

Die Filmidee muss nun mit Inhalt gefüllt werden. Dazu sind oft umfangreiche Materialsammlungen erforderlich, wobei die sich bei einem Kurzfilm im Rahmen halten werden.

Recherche zum Inhalt

  1. Faktensammlung in Büchern, übers Internet oder Zeitzeugen
  2. Erfassen von geschichtlichen Daten
  3. Festlegen der Hauptpersonen und deren Charaktere
  4. Integration von Tonquellen, z.B. Eigenberichte bzw. -dialoge, Literaturtexte, Musik, Geräusche usw.
  5. Integration von Bildquellen, z.B. Eigenaufnahmen, Archivmaterial, Fotos, Zeichentricksequenzen oder CG-Animationen

Recherche zur Organisation

  1. Grundsätzliche Voraussetzungen, wie Abgabetermin, Filmlänge, technische Voraussetzungen klären
  2. Team zusammenstellen:
  3. Schauspieler zu den Hauptcharakteren aus Familien- und Freundesumfeld zusammenstellen, bzw. übers Internet suchen
  4. Festlegung der Drehorte, evtl. Dreh-genehmigungen einholen
  5. Groben Drehplan festlegen

Nachdem man sozusagen seine Filmidee unterfüttert hat, erstellt man das Exposé.

Exposé (franz. Darlegung)

Das Exposé umfasst in kurzen Sätzen den Handlungsentwurf. Es geht also wieder um den Inhalt, aber diesmal in ausgeprägter Form. Durch die vorhergehende Recherche kann man die Filmidee nun ausschmücken. Erzählen Sie die Geschichte von Anfang bis Ende und arbeiten Sie die Charaktere der Hauptakteure klar heraus, z.B. „Frau D., eine alte Frau mit verhärmtem Gesicht, etwa um die 60 Jahre alt, steht hinter dem Vorhang und beobachtet täglich stundenlang die Nachbarschaft. Eines Morgen sieht sie Herrn M., wie immer korrekt gekleidet, in Anzug und Krawatte, mit gescheiteltem Haar aus der Haustüre gehen....“

Hier entstehen bereits Vorstellungen, wie die beiden Charaktere aussehen. Durch das Exposé entsteht der erste Film im Kopf des Lesers. Ein gutes Exposé hat so manchen Produzenten überzeugt und im Spielfilmbereich ist der Produzent eine der wichtigsten Personen, damit ein Film überhaupt durchgeführt und finanziert werden kann.

Wir als Filmemacher haben dieses Problem erst mal nicht. Da wir zum großen Teil alles selbst machen, kostet unser Film zwar viel Zeit, aber die finanziellen Mittel halten sich vorerst in Grenzen. Dafür haben wir alle Freiheiten der Welt und sind weder einem Produzenten, noch einer Fernsehgesellschaft noch sonst Jemandem Rechenschaft schuldig.

Treatment (engl. Abhandlung)

Das Treatment ist um einiges detaillierter als das Exposé. Hier wird der Film bereits in Episoden oder Szenen aufgeteilt, teilweise sind bereits kurze Dialoge integriert und die Handlungsweise der Hauptakteure wird durchleuchtet. Eine Aufteilung in Bild- und Tonspalte ist empfehlenswert. 

Das Treatment ist Planungsgrundlage, z.B. für die Besetzung der Hauptrollen, Auswahl der Drehorte und Schauplätze. Die Dramaturgie des Filmablaufs sollte aus dem Treatment klar erkennbar sein. Hier zeigt sich bereits, ob sich der Stoff für einen Film eignet und wo Schwächen in der Dramaturgie liegen.